CRISPR-Cas9 induces large structural variants at on-target and off-target sites in vivo that segregate across generations

Grundlagen über Veränderungen an Off- und On-Target-Bereichen

Aus einigen vorangegangenen Studien an Mäusen und menschlichen Zelllinien ist bekannt, dass der Einsatz der Genschere CRISPR/Cas zu unbeabsichtigten Veränderungen der DNA an Off-Target-Bereichen sowie zu großen Umstrukturierungen an der Zielsequenz führen kann. Off-Target-Bereiche sind der eigentlichen Zielsequenz sehr ähnlich, weswegen die Genschere dort auch schneiden und Veränderungen bewirken kann. Bislang war bekannt, dass kleine Veränderungen wie Punktmutationen oder kurze Insertionen und Deletionen (InDels) an Off-Target-Bereichen möglich sind. Auch an der Zielsequenz (On-Target-Bereich) können diese kleinen Veränderungen auftreten. Es wurden in früheren Studien dort jedoch auch größere strukturelle Veränderungen gefunden, die dazu führen, dass beispielsweise große Bereiche der DNA-Sequenz gelöscht oder neu eingefügt werden.

Ergebnisse der Studie von Höijer et al.

Bisher war unklar, ob solche großen strukturellen Veränderungen, wie sie an On-Target-Bereichen beschrieben wurden, auch an Off-Target-Bereichen auftreten können. Die WissenschaftlerInnen aus der vorliegenden Studie haben genau das in Zebrafischen getestet. Dafür haben sie zunächst das Erbgut unveränderter Fische mit Hilfe von modernen Sequenzierverfahren analysiert, um damit geeignete Wegweiser (auch gRNAs genannt) für die Genschere zu entwickeln. Es wurden mehrere verschiedene Wegweiser benutzt. Das übergeordnete Ziel ihrer Versuche war es, mögliche strukturelle Veränderungen an Off-Target-Bereichen zu untersuchen. Daher verwendeten sie Wegweiser, mit denen die Genschere sehr wahrscheinlich an diesen Bereichen schneidet. So konnten sie Veränderungen, die an diesen Bereichen bewirkt wurden, genauer analysieren.

In verschiedenen Experimenten injizierten die WissenschaftlerInnen die Genschere als Proteinkomplex in Zebrafisch-Eier und untersuchten sowohl die Fische, die sich daraus entwickelt hatten, als auch deren Nachkommen mit Hilfe von Sequenzierverfahren. Es zeigte sich, dass die Effizienz, mit der Veränderungen an der Zielsequenz herbeigeführt werden, insgesamt sehr hoch ist. Es kommt dort überwiegend zu kleinen Mutationen und zu einem geringeren Anteil auch zu größeren strukturellen Veränderungen (große InDels).

Die Untersuchung der DNA-Sequenz an möglichen Off-Target-Bereichen ergab, dass an drei davon unbeabsichtigt Veränderungen aufgetreten waren. Deren Analyse zeigte, dass überwiegend kleine Veränderungen wie Punktmutationen bewirkt wurden. Es kommt aber auch zu größeren Veränderungen der DNA-Sequenz. An einem Off-Target-Bereich wurden beispielsweise gleich 903 Basenpaare (das sind die Buchstaben der DNA) gelöscht und damit ein großer Teil eines Gens, das gar nicht verändert werden sollte.

Die großen strukturellen Veränderungen an On- und Off-Target-Bereichen wurden sowohl in den Gründertieren als auch in der nächsten Generation gefunden.

Relevanz der Ergebnisse

Die Ergebnisse haben hohe Relevanz für klinische Anwendungen von CRISPR/Cas, um unerwartete Effekte mit großen Auswirkungen für PatientInnen zu vermeiden. Bei pflanzlichen Anwendungen hat bislang noch niemand untersucht, ob große strukturelle Veränderungen an Off-Target-Bereichen auftreten. Es ist jedoch wahrscheinlich, da auch an On-Target-Bereichen davon berichtet wurde.

Das Design von CRISPR/Cas-Experimenten ist entscheidend, um unbeabsichtigte Veränderungen an Off-Target-Bereichen zu vermindern. Dafür müssen beispielsweise gRNAs entwickelt werden, die so wenig Off-Target-Bereiche wie möglich erkennen, und die Genschere muss in einer gut abgestimmten Konzentration verwendet werden.

Insgesamt ist es wichtig, dass das Erbgut der Zielorganismen nach CRISPR/Cas-Experimenten an On- und Off-Target-Bereichen ausführlich untersucht wird, um unbeabsichtigte Veränderungen aufzuspüren, die andere Genbereiche beeinträchtigen können.

Quelle
Höijer, I.; Emmanouilidou, A.; Östlund, R.; van Schendel, R.; Bozorgpana, S.; Feuk, L.; Gyllensten, U.; den Hoed, M.; Ameur, A. CRISPR-Cas9 induces large structural variants at on-target and off-target sites in vivo that segregate across generations. bioRxiv 2021, 2021.2010.2005.463186, doi:10.1101/2021.10.05.463186.