A male-biased sex-distorter gene drive for the human malaria vector Anopheles gambiae

In dieser Studie wird ein Gene Drive in Malaria übertragenden Mücken (Anopheles gambiae) vorgestellt, bei dem ein bereits beschriebener CRISPR/Cas-basierter Gene Drive (Originalpublikation: Kyrou K, Hammond AM, Galizi R, Kranjc N, Burt A, Beaghton AK, Nolan T, Crisanti A (2018) A CRISPR-Cas9 gene drive targeting doublesex causes complete population suppression in caged Anopheles gambiae mosquitoes. Nat Biotechnol 36 (11):1062-1066. doi:10.1038/nbt.4245) mit einem ebenfalls bereits beschriebenen X-Shredder (Originalpublikation: Galizi R, Doyle LA, Menichelli M, Bernardini F, Deredec A, Burt A, Stoddard BL, Windbichler N, Crisanti A (2014) A synthetic sex ratio distortion system for the control of the human malaria mosquito. Nat Commun 5:3977. doi:10.1038/ncomms4977) kombiniert wird.

Der auf CRISPR/Cas basierende Gene Drive wirkt durch die Weitergabe und die Integration des Gene-Drive-Konstruktes in einen genau festgelegten Zielort innerhalb des Gens doublesex der Mücken. Doublesex spielt während der Embryonalentwicklung eine wichtige Rolle: Es ist entscheidend dafür, ob sich Mücken in Weibchen oder in Männchen entwickeln. Die Integration des Gene-Drive-Konstruktes an dieser Stelle im Erbgut der Mücken führt zur Entwicklung von nicht-fruchtbaren Pseudoweibchen und normalen Männchen. Nach etwa zehn Generationen im Labor brach die Population der Mücken mit dem Gene Drive zusammen.

Der X-Shredder bedient sich einer anderen Wirkweise: Eine ganz andere Art von Genschere wird während der Entwicklung der Spermazellen gebildet und erkennt eine bestimmte DNA-Sequenz, die bei Mücken in hoher Kopienzahl auf dem X-Chromosom vorkommt. Dadurch wird das Geschlechtschromosom X durch Schnitte an diesen Stellen in viele kleine Stücke zerschnitten und es überleben nur Spermazellen, die ein Y-Chromosom haben. Folglich gibt fast nur männliche Nachkommen dieser gentechnisch veränderten Mücken. Bisher ist es den Wissenschaftlern noch nicht gelungen, aus diesem X-Shredder einen funktionierenden Gene Drive herzustellen. Das liegt an verschiedenen sowohl genetischen als auch epigenetischen Hindernissen. Mücken mit einem X-Shredder (also ohne Gene Drive) sollen in Freisetzungsversuchen in Burkina Faso getestet werden, bevor ggf. die eigentliche Freisetzung von Gene-Drive-Mücken stattfindet.
In der erst kürzlich veröffentlichten Studie werden gentechnisch veränderte Mücken vorgestellt, die sowohl den CRISPR/Cas-basierten Gene Drive als auch das X-Shredder-Konstrukt in sich tragen. Dafür wird das als sex-distorter gene drive (SDGD) bezeichnete Konstrukt mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas9 in das dsx-Gen im Erbgut der Mücken integriert. Das SDGD-Konstrukt beinhaltet die Erbanlage der Genschere CRISPR/Cas, den Wegweiser für die Zielsequenz im dsx-Gen und die Erbanlage für den X-Shredder. Paaren sich Weibchen mit Männchen, die das SDGD-Konstrukt in sich tragen, so wird das SDGD-Konstrukt in das dsx-Gen integriert, was dazu führt, dass die Entwicklung von fruchtbaren Weibchen verhindert wird. Außerdem bewirkt der zusätzlich integrierte X-Shredder, dass während der Bildung der Keimbahnzellen das X-Chromosom zerschnitten wird. Es kommt insgesamt zu einer überwiegend männlichen Nachkommenschaft. Je nach eingesetzter Menge an gentechnisch veränderten Mücken bricht die Population bereits nach 9-13 Generationen zusammen, da es überwiegend männliche Nachkommen und kaum befruchtete Eier gibt.

Die beiden Konstrukte der SDGD-Mücken haben einen synergistischen Effekt: Sollte ein System ausfallen, funktioniert noch das andere. Laut den Berechnungen der Wissenschaftler wird die Zahl der (beißenden) weiblichen Mücken viel schneller mit dem SDGD-Konstrukt reduziert im Vergleich zum ursprünglichen Gene Drive, der in das dsx Gen-integriert wird.

Referenz
Simoni A, Hammond AM, Beaghton AK, Galizi R, Taxiarchi C, Kyrou K, Meacci D, Gribble M, Morselli G, Burt A, Nolan T, Crisanti A (2020) A male-biased sex-distorter gene drive for the human malaria vector Anopheles gambiae. Nat Biotechnol. doi:10.1038/s41587-020-0508-1