On-Target Effekte sind unbeabsichtigte Veränderungen am Erbgut von Zielorganismen, die bei der Anwendung der Genschere CRISPR/Cas auftreten können und bereits in menschlichen, tierischen und auch pflanzlichen Zellen gefunden wurden. On-Target Effekte sind große Umstrukturierungen des Erbguts, wie zum Beispiel Umlagerungen von großen Teilen der DNA, größeren Insertionen von DNA-Sequenzen oder dem Löschen von DNA-Abschnitten. Bisher ist nicht vollständig aufgeklärt welche Prozesse in der Zelle an der Entstehung dieser On-Target Effekten beteiligt sind.
Bei der Anwendung der Genschere CRISPR/Cas werden innerhalb der Zielregion des Erbguts Doppelstrangbrüche der DNA gemacht. Mit anderen Worten: Die DNA wird zerschnitten. Die beiden losen Enden der DNA werden von der Zelle als DNA-Schaden wahrgenommen und bestimmte Reparaturmechanismen werden aktiviert. Das sind die NHEJ-Reparatur, die fehleranfällig arbeitet und häufig kleine Veränderungen an der Zielsequenz bewirkt (SDN-1 Anwendungen der Genschere) und die Homology directed Reparatur, die DNA-Vorlagen in die Zielsequenz integrieren kann (SDN-2/SDN-3 Anwendungen von CRISPR/Cas). Alternativ zur NHEJ-Reparatur kann auch ein Reparaturmechanismus namens Microhomology-mediated end joining (MMEJ) aktiviert werden, der kurzen Deletionen an der Zielsequenz bewirkt.
Kosicki et al, 2020 untersuchen in ihrer Studie welche Reparaturmechanismen an der Entstehung von On-Target Effekten beteiligt sind. Dazu haben die Wissenschaftler embryonale Stammzellen von Mäusen gemacht, bei denen einzelne Reparatur Gene ausgeschaltet wurden. Die ausgeschalteten Reparatur Gene sind entweder Teil der NHEJ-, MMEJ- oder Homology directed-Reparatur. Dabei zeigte sich, dass die NHEJ-Reparatur größere Deletionen (On-Target Effekte) eher verhindert und die MMEJ-Reparatur solche Deletionen eher begünstigt.
Hin und wieder blockieren Wissenschaftler die NHEJ-Reparatur, um die Effizienz der Homology directed-Reparatur und damit den Einbau von DNA-Vorlagen in ihren Experimenten zu erhöhen. Wie sich nun aus dieser Studie aber schlussfolgern lässt, werden dadurch große Deletionen, also On-Target Effekte, an der Zielsequenz begünstigt.
Kosicki M, Allen F, Bradley A (2020) Cas9-induced large deletions and small indels are controlled in a convergent fashion. bioRxiv:2020.2008.2005.216739. doi:10.1101/2020.08.05.216739