Wissenschaftlern ist es mit dem Einsatz von CRISPR/Cas9 gelungen, in der Modellpflanze Arabidopsis thaliana größere DNA-Abschnitte zwischen zwei verschiedenen Chromosomen auszutauschen. Dafür verwendeten sie zwei gRNAs, die die Genscheren jeweils an das erste und das zweite Chromosom der Pflanzen lotsten. Die Genschere führt dort einen DNA-Doppelstrangbruch ein. Es wurde dann in einigen wenigen Pflanzen nachgewiesen, dass es zu einem Stückaustausch zwischen den beiden Chromosomen gekommen ist – ein Vorgang, den man in der Genetik reziproke Translokation nennt. Diese Veränderungen sind vererbbar und es zeigte sich, dass sie in den nachfolgenden Generationen stabil sind. Zusätzlich zu Chromosom 1 und 2 haben die Wissenschaftler ähnliche Experimente mit Chromosom 1 und 5 durchgeführt: Auch hier finden sie Pflanzen, bei denen es zu einem Austausch von Teilen der beiden Chromosomen kommt.
Die Studie arbeitet mit Arabidopsis thaliana, einer Pflanze, die ein relativ kleines Erbgut und zwei Chromosomensätze hat. Dieses „chromosomale Editing“ wird bei Pflanzen mit komplexeren Genomen erheblich schwieriger sein, denn hier kann es deutlich mehr DNA-Bereiche mit der Zielsequenz geben, was zu ungewünschten Umstrukturierungen führen kann (Weizen hat beispielsweise ein sehr großes Erbgut mit 6 Chromosomensätzen).
Laut den Autoren kann dieses Vorgehen genutzt werden, um sogenannte gekoppelte Gene voneinander zu trennen. Durch den Stückaustausch zwischen verschiedenen Chromosomen sollen also gewünschte und nicht gewünschte Eigenschaften voneinander getrennt werden, die normalerweise gemeinsam vererbt werden. Ein konkretes Beispiel zur Entkopplung von zwei Genen wird in dem Artikel nicht beschrieben. Im Falle einer tatsächlichen Anwendung sollte ein Vergleich der Gen-Expression solcher genomeditierten Pflanzen mit den Ursprungspflanzen durchgeführt werden, um zu prüfen, inwieweit die entkoppelten Gene gebildet werden und ob die Gen-Expression anderer Gene beeinträchtigt wird.