Gene-drive suppression of mosquito populations in large cages as a bridge between lab and field

WissenschaftlerInnen des Imperial College Londons haben Gene-Drive (GD)-Mücken in großen Versuchskäfigen getestet und ihre Ergebnisse im Journal Nature Communications veröffentlicht. Die GD-Mücken wurden Bedingungen ausgesetzt, wie sie auch in der Natur zu erwarten sind. Nach mehreren Monaten brachen die Mücken-Populationen zusammen.

Grundlagen aus vorhergehender Studie

In der Studie wurde ein Gene Drive getestet, der bereits 2018 in Anopheles-Mücken beschrieben wurde (Kyrou, K. et al., 2018). Es handelt sich dabei um einen auf CRISPR/Cas9 basierenden Gene Drive, der auf die Veränderung des Gens doublesex (dsx) abzielt. Das Gen dsx spielt während der Embryonalentwicklung eine wichtige Rolle: Es ist entscheidend dafür, ob sich Mücken in Weibchen oder in Männchen entwickeln. Das Resultat der Veränderung durch den Gene Drive ist die Entwicklung von nicht-fruchtbaren Pseudoweibchen und normalen Männchen. Nach etwa zehn Generationen brach die Population in kleinen Käfigen im Labor zusammen. Die Zielsequenz des Gene Drives im dsx-Gen ist essentiell für die Entwicklung von Weibchen und ultra-konserviert, d.h. es treten kaum natürliche Mutationen in diesem Bereich des Gens auf. Das ist eine wichtige Eigenschaft für die Effizienz des Gene Drives: Sollten durch die Aktivität der NHEJ-Reparatur Mutationen herbeigeführt werden, könnten sich Resistenzen gegenüber dem Gene Drive entwickeln und so die Verbreitung des Gene Drives stoppen. In den Versuchen mit kleinen Käfigen wurden jedoch keine Resistenzen innerhalb der Zielsequenz des Gens beobachtet.

Aufbau des Gene Drives

Das Gene-Drive-Konstrukt besteht aus der Genschere CRISPR/Cas9, einem Wegweiser (auch guide RNA genannt) zur Zielsequenz im dsx-Gen und einem rot fluoreszierenden Marker. Nachdem die Genschere die Zielsequenz des dsx-Gen im Erbgut der Mücken erkannt und geschnitten hat, wird das GD-Konstrukt dort eingebaut und die Genfunktion damit gestört. Der rot fluoreszierende Marker dient den WissenschaftlerInnen dazu, die Weitergabe des GD-Konstrukts zu überwachen.

Ergebnisse der Studie

In der Studie testeten die WissenschaftlerInnen das GD-Konstrukt in großen Käfigen, die so aufgebaut sind, dass sie natürliche Bedingungen der Umwelt nachahmen (z.B. Sonnenauf- und Sonnenuntergang). Sie konnten zeigen, dass die Moskitos in diesen Käfigen ein ganz typisches natürliches Verhalten wie z.B. Schwarmverhalten zeigen, das sie in kleinen Käfigen nicht aufweisen.

Zu Beginn der Versuche wurden die GD-Moskitos in geringer und mittlerer Menge zu Wildtyp-Moskitos in großen Käfigen gegeben. Die WissenschaftlerInnen verfolgten dann die Ausbreitung des Gene Drives in der Wildtyp-Population und beobachteten die Fitness der Populationen über viele Generationen hinweg. Es zeigte sich, dass sowohl die Populationen in den Käfigen mit einer geringen als auch mittleren Menge der GD-Moskitos nach 245-311 Tagen komplett zusammenbrachen.

Außerdem stellte sich heraus, dass sich die durch Computermodelle berechneten und die tatsächlich beobachteten Parameter unterscheiden: In den großen Käfigen kommt es beispielsweise seltener als vorhergesagt zur Kreuzung zwischen jüngeren und älteren Moskitos. Die WissenschaftlerInnen können die Ergebnisse nun nutzen, um ihre Computerberechnungen zu verbessern.

Sie prüften außerdem zu zwei verschiedenen Zeitpunkten mögliche Resistenzbildungen an der Zielsequenz. Dafür wurden jeweils 400 Larven aus den großen Käfigen entnommen und deren DNA analysiert. Daraus ging hervor, dass sich keine Resistenzen gebildet hatten und sich der Gene Drive also in der Population schnell ausbreiten kann.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Ergebnisse zeigen, dass es sich bei dem getesteten GD-Konstrukt um einen sehr effizienten und globalen Gene Drive handelt. Das bedeutet, dass sich im Falle einer Freisetzung die GD-Mücken in der Natur ungehemmt ausbreiten könnten und nicht mehr kontrollierbar wären. Aus Sicht der ForscherInnen stellen ihre Versuche eine Brücke zwischen Labor- und Feldversuchen dar. Viele WissenschaftlerInnen und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen sich gegen die Freisetzung solcher Gene-Drive-Organismen aus. Auch wenn die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass ein globaler Gene Drive technisch machbar ist, bedeutet das nicht, dass die Machbarkeit auch mit einer sicheren Anwendung gleichzusetzen ist. Eine umfassende Umweltrisikobewertung der GD-Moskitos, um beispielsweise die Auskreuzung mit verwandten, wilden Arten zu überprüfen, wurde noch nicht durchgeführt.

Referenzen
Kyrou, K. et al. A CRISPR-Cas9 gene drive targeting doublesex causes complete population suppression in caged Anopheles gambiae mosquitoes. Nat Biotechnol 36, 1062-1066 (2018).
Hammond, A., Pollegioni, P., Persampieri, T. et al. Gene-drive suppression of mosquito populations in large cages as a bridge between lab and field. Nat Commun 12, 4589 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-24790-6