Gene Drives in Pflanzen
Auf CRISPR/Cas9 basierende Gene Drives wurden bisher vor allem in Insekten und Mäusen beschrieben. CRISRPR/Cas-GD in Pflanzen wurden bisher nicht entwickelt, da es dafür einige biologische Hürden auf der molekularen, zellulären, organismischen und Populationsebene zu überwinden gibt:
- Die Aktivierung der HDR-Reparatur ist für einen CRISPR/Cas-Gene Drive (GD) notwendig, um das Gene Drive (GD)-Konstrukt und weitere genetische Elemente an einer spezifischen Zielsequenz im Erbgut einzubauen und damit die Vererbung des GD-Konstrukte zu erhöhen. Die HDR wird in Pflanzen jedoch nur geringfügig aktiviert und arbeitet ineffizient. Ein anderer Mechanismus namens NHEJ übernimmt überwiegend die Reparatur des durch CRISPR/Cas induzierten DNA-Doppelstrangbruchs (DSB) an der Zielsequenz. Aufgrund der geringen Effizienz der HDR in Pflanzen gelten CRISPR/Cas-GD als wenig erfolgsversprechend. Eine Machbarkeitsstudie, die einen auf CRISPR/Cas basierten Gene Drive in Pflanzen beschreibt, fehlte bislang.
- Pflanzen besitzen unterschiedliche Reproduktionsstrategien und unterscheiden sich in ihren Lebenszyklen, was die Entwicklung von pflanzlichen Gene Drives besonders erschwert.
- Ein CRISPR/Cas-GD basiert auf der Erkennung einer spezifischen Zielsequenz, die durch die Genschere geschnitten werden soll. Sollten an dieser Zielsequenz Veränderungen entweder natürlicherweise entstehen oder auch durch die Aktivität der Genschere verursacht werden, kommt es zu einer Resistenzbildung an diesem Bereich und der Drive wird nicht weitergegeben.
Zusammenfassung der Ergebnisse der Publikation
Die Studie von Zhang, et al (2021) beschreibt nun als erste wissenschaftliche Publikation einen CRISPR/Cas9-GD in der Modellpflanze Arabidopsis thaliana. Darin werden verschiedene CRISPR/Cas9-Konstrukte getestet, um den idealen Zeitpunkt zu finden, wann die Genschere während der Reifeteilung des Embryos (weibliche Meiose) gebildet wird und die HDR am effizientesten arbeitet. Zunächst werden dafür Arabidopsis-Pflanzen hergestellt, die das GD-Konstrukt im Erbgut tragen. Die Zielsequenz des Gene Drives befindet sich im CRY1-Gen, welche durch den Einbau des GD-Konstrukts gestört wird. Das CRY1-Gen kann in diesen Pflanzen nicht mehr abgelesen werden.
Pflanzen mit dem GD-Konstrukt, welches die höchste Effizienz besitzt, wurden nachfolgend mit Arabidopsis-Pflanzen gekreuzt, die einen anderen genetischen Hintergrund besitzen, und deren Nachkommen untersucht. Es zeigte sich, dass das GD-Konstrukt nicht über den Pollen, sondern nur über den Embryo weitergegeben werden kann. Außerdem war festzustellen, dass die HDR in einigen Pflanzen nicht ganz präzise arbeitet und es zu Fehlern an den angrenzenden DNA-Bereichen kommen kann. In nur 3 aus insgesamt 195 Pflanzen wurde das GD-Konstrukt wie gewünscht eingebaut. Mittels Selbstbestäubung zeigte sich, dass die Vererbung des GD-Konstrukts von der üblichen Mendelschen Vererbung leicht abweicht: Zu erwarten wäre, dass 25% der Nachkommen zwei Kopien des Gene Drives besitzen. Allerdings ergab die Analyse der Nachkommen, dass dies bei 37% der Pflanzen der Fall war. Anscheinend wird der Gene Drive in heterozygoten Pflanzen aktiv und bewirkt so eine Steigerung des Anteils an homozygoten Pflanzen.
Außerdem wurde bei ca. 40 % der Pflanzen nachgewiesen, dass die NHEJ-Reparatur zu einer Veränderung der Gensequenz und damit teilweise einem Verlust der Genfunktion des CRY1-Gens geführt hat. Dieses Ergebnis zeigt, dass es bei diesem noch sehr einfachen und nicht sehr effizienten Gene Drive zu einer Resistenzbildung kommen kann. Der Gene Drive kann sich an solchen resistenten Genkopien nicht mehr selbst einbauen.
Welche Bedeutung haben diese Ergebnisse?
Im Grunde bestätigen die Ergebnisse der Studie noch einmal, dass die HDR in Pflanzen unpräzise und ineffizient arbeitet. Wie effizient sich dieser Gene Drive in späteren Generationen und größeren Populationen ausbreitet, ist im Moment nicht zu sagen. Mit der geringen Effizienz dieses Gene Drives können aber nur sehr unwahrscheinlich ganze Wildpopulationen verändert werden.
Die getesteten GD-Konstrukte wurden speziell für die Modellpflanze Arabidopsis entwickelt. Für viele andere landwirtschaftlich relevante Pflanzen gibt es weitaus weniger genetische Elemente und Werkzeuge, mit denen Gene Drives entwickelt und getestet werden könnten. Weitere Studien sind nötig, um neue GD-Konstrukte zu schaffen, mit denen die HDR bevorzugt aktiviert wird.
Zhang T, Mudgett M, Rambabu R, Abramson B, Dai X, Michael TP, Zhao Y (2021) Selective inheritance of target genes from only one parent of sexually reproduced F1 progeny in Arabidopsis. Nature Communications 12 (1):3854. doi:10.1038/s41467-021-24195-5